Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung muss ein Ende haben. Die Seenotrettung muss auch eine staatliche und gesellschaftliche Aufgabe bleiben. Aus Sicht der Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher sollte Deutschland ein Zeichen setzen und Schiffe entsenden, um Menschen zu retten, die auf dem Mittelmeer an Leib und Leben gefährdet sind. Die Menschen in Europa und die
Menschen auf Flucht brauchen eine politische Lösung. Bedford-Strohm und Orlando schlagen dafür einen vorübergehenden Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge vor. In der EU muss umgehend eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickelt werden. Der Kirchenvorstand der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Aerzen ist sich sicher, dass es keine Option sein kann, dass Menschen ertrinken müssen oder in die Lager Libyens ziurück geschickt werden.
Der Kirchenvorstand fordert die gewählten Vertreter in den Parlamenten des Landes Niedersachsens, der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union aber auch auf kommunaler Ebene auf, sich politisch mit allen Kräften dafür einzusetzen, dass für nach Europa kommende Flüchtlinge ein Verteilmechanismus gefunden wird.
Der Kirchenvorstand beabsichtigt, die im Apell angeschnittenen Themen zur Situation von Flüchtlingen in Europa zum Thema eigener Veranstaltungen zu machen, dazu Verantwortliche aus Politik und Gesellschaft als Gesprächspartner einzuladen, Kooperationspartner in der der Zivilgesellschaft zu suchen und der Flüchtlinge und ihrer lebensbedrohlichen Situation fürbittend in Gottesdiensten und Andachten zu gedenken.
Außerdem fordert der Kirchenvorstand auch weitere Kirchengemeinden und den Kirchenkreis auf, sich dem Apell anzuschließen.
Der Apell im Wortlaut:
Europa hat gewählt. Die Europäische Union stellt sich in den kommenden Monaten neu auf. Gerade jetzt wollen wir denen eine Stimme geben, die derzeit im Schatten der großen Politik stehen. Denn weiterhin machen sich Menschen auf den Weg über das Mittelmeer. Migrationsbewegungen sind ein historisches Phänomen, das seine Ursprünge in dem Grundrecht der Menschen auf Mobilität hat. Auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Auf der Flucht vor Krieg, Armut und KlimaKatastrophen. In Hinblick auf das zu erwartende Ansteigen der Flüchtlingsströme im Laufe des Sommers ist es für die Europäische Union unabdingbar, sich auf ihre Grundwerte zu besinnen und Lösungen für die einzelnen Staaten zu finden, mit deren Hilfe neue Todesopfer im Mittelmeer verhindert und humanitäre Kanäle geschaffen werden können, und die die Rettung von Schiffbrüchigen und Menschenleben zur Priorität macht.
Das Mittelmeer ist weiterhin die tödlichste Grenze weltweit. Über 2000 Menschen sind 2018 im Mittelmeer ertrunken. Von hunderten Toten 2019 wissen wir. Viele sterben in diesen Tagen ungesehen, ohne in den Statistiken erfasst zu sein. Europa steht jetzt vor der Wahl: Wollen wir 2019 helfen oder wegschauen?
Gemeinsam mit vielen Verantwortlichen aus Kommunen, Kirchen und der Zivilgesellschaft meinen wir:
1. 2019 darf nicht zu einem verlorenen Jahr für die Seenotrettung im Mittelmeer werden.
2. Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung muss ein Ende haben. Jetzt!
3. Seenotrettung muss auch eine staatliche Aufgabe bleiben. Was ist aus der europäischen Seenotrettung geworden? Deutschland sollte hier ein Zeichen setzen und Schiffe entsenden!
4. Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung, einen vorübergehenden Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge. Viele Städte und Kommunen in Europa wollen „Sichere Häfen“ sein! Lassen wir das Realität werden!
5. Wir brauchen in der EU eine „Koalition der Willigen“, die jetzt handelt. Und eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickelt. Denn Menschen ertrinken lassen oder in die Lager Libyens zurückschicken, kann keine Option für Europa sein.
Die Beteiligung an der Europa-Wahl war erfreulich hoch. Wir rufen auf: Macht die fünf Punkte unserer Erklärung zum Thema! Ladet eure neugewählten Europa-Abgeordneten zu euch ein – in eure Bürgerversammlungen, Kirchengemeinden, Schulen und Sportvereine! Europa: Wir müssen reden!