Über die nötige Restaurierung der Natursteinmauer am Friedhof in Aerzen hat Pastor Christof Vetter nachgedacht. über die Finanzen berät der kirchenvorstand in seiner kommenden Sitzung - über den Sinn und Unsinn einer solchen Maßnahme macht der Pastor sich theologisch Gedanken:

Natursteinmauer

Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain hat die Friedhofsmauer als das beste Beispiel für eine unnötige Ausgaben bezeichnet: „Man könnte viele Beispiele für unsinnige Ausgaben nennen, aber keines ist treffender als die Errichtung einer Friedhofsmauer. Die, die drinnen sind, können sowieso nicht hinaus, und die, die draußen sind, wollen nicht hinein.“ Dem widerspricht die Kirchengemeinde in Aerzen. Als Eignerin des Friedhofes lässt sie Jahr für Jahr einen Abschnitt der Natursteinmauer säubern und restaurieren: Auf die gesamte Länge gesehen ein teures Vorhaben. Aber für den Kirchenvorstand steht fest: Die Mauer muss erhalten bleiben: Sie muss sogar in ihrer Schönheit erhalten bleiben. 

Die Natursteinmauer am Aerzener Friedhof – und an vielen anderen Friedhöfen in der Region – ist im wahrsten Sinn des Wortes eine „Umfriedung“. Sie schafft Frieden: Die Friedhofsmauer schützt Trauernde vor neugierigen Blicken. Dazu grenzt die Mauer das alltägliche Leben ab, ohne es auszuschließen. Die Geräusche vorüberfahrender Autos sind weiterhin zu hören, das Reden von Menschen und manchmal auch das fröhliche Lärmen von Kindern sucht sich seinen Weg über die Friedhofsmauer. Selbst das Brummen von Maschinen ist zu hören. Innerhalb der Mauer ist zu spüren: Das Leben ist noch da, zum Glück. Doch die Töne des Alltags sind ein wenig gedämpfter.

So schafft diese Mauer am Friedhof keine völlige Abgeschiedenheit, sondern sie zieht eine Grenze zwischen dem alltäglichen Leben – in Aerzen etwa mit der Bushaltestelle direkt an der Mauer vor dem Friedhof – und einer anderen Wirklichkeit von Leben auf dem Friedhof. Innerhalb der Mauer bekommt das Leben eine neue Dimension geschenkt: Da wird Leben nicht regiert von Fahrplänen, Terminen im Kalender und dem Wissen um so viel, was noch nicht erledigt ist. Innerhalb dieser Mauern spürt das Leben der Ewigkeit nach. Es ist die Ruhe, die um die Begrenztheit des Lebens weiß. Um Abschied und Trauer. Aber auch um Erinnerung, Geborgenheit und Trost, der uns geschenkt wird. Es ist die Ahnung, dass diese Welt nicht alles ist und Gottes Ewigkeit uns erwartet. Die Friedhofsmauer ist die Grenze zwischen zwei unterschiedlichen Arten, Leben zu erleben – und deshalb ist diese und jede andere Mauer an Friedhöfen ganz und gar keine unnötige Ausgabe. 

Übrigens: Wer für die Restaurierung der Mauer am Friedhof Aerzen spenden möchte, kann dies gern über das Pfarramt tun.