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Am 10. März 2024 wählen die Mitglieder der Kirchengemeinde Aerzen den neuen Kirchenvorstand. Seit Anfang Februar 2024 bekommen alle Wahlberechtigten die Wahlunterlagen in ihren Briefkasten, schon vorher haben die Wahlinformation der Kirchengemeinde Aerzen erhalten. Mit dem Schreiben, das zentral von der Landeskirche verschickt wird, halten Sie alles in der Hand, um wählen zu können. Sie können online Ihre Stimme abgeben oder kostenlos per Brief wählen.

Oder Sie kommen am 10. März ins Wahllokal, um Ihre Stimme an der Urne abzugeben. Das Wahllokal wird im Dorfgemeinschaftshaus Reher von 10 bis 12 Uhr, im Dorfgemeinschaftshaus Grupenhagen von 13 bis 15 Uhr und in der Sakristei der Marienkirche Aerzen von 16 bis 18 Uhr. Die Angaben zum Wahllokal finden Sie dann auch auf Ihren Wahlunterlagen. 

In der Kirchengemeinde Aerzen kandidieren 15 Personen für die zwölf Plätze im Kirchenvorstand. Alle zwölf stellen sich in der Sondernummer des Gemeindebriefes vor. Dort fordern auch Politikerinnen und Politiker aus unserer Region auf, die demokratische Aufgabe des Wählens wahrzunehmen. Mit 15 Kandidatinnen und Kandidaten gehört die Kirchengemeinde Aerzen zu den Kirchengemeinden mit den höchsten Zahlen an Bewerberinnen und Bewerbern.

Kirchenvorstandswahl

Darum sollten möglichst viele wählen gehen: Die Kirche lebt davon, dass Menschen Verantwortung übernehmen und ihre Kirche mitgestalten. Wer in den Kirchenvorstand gewählt wird, übernimmt Verantwortung für die Finanzen, für das Leben und für die Angebote in der Kirchengemeinde – diese Verantwortung braucht Rückendeckung: Rückendeckung durch eine möglichst hohe Wahlbeteiligung. Diesmal ist die Wahl für Sie besonders leicht, komfortabel und zeitsparend.

 

„Oberste Ehrenamtliche“ der evangelischen Kirche kommt nach Aerzen: Präses Anna-Nicole Heinrich

donnerstags

 

Im Februar und Anfang März werden in den Kirchengemeinden in Nieder­sachsen die Kirchenvorstände neu gewählt: Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und Verantwortung für ihre Kirchengemeinde übernehmen. Dass Ehrenamtliche mit unterschiedlichsten Lebens- und Berufserfahrungen Verant­wortung in der Kirche übernehmen, gibt es auf allen Ebenen der Kirche. Kirche ist keine Demokratie, aber sie ist mit demokratischen Elementen organisiert: mit den Kirchenvorständen in Kirchengemeinden, mit der Kirchenkreissynode auf der Ebene der Kirchenkreise, der Landessynode in den Landeskirchen und der einmal im Jahr tagenden EKD-Synode auf bundesweiter Ebene: Die Vorsitzende der EKD-Synode wird Präses genannt. Seit der letzten Wahl hat die 1996 geborene Philosophin Anna-Nicole Heinrich aus der bayrischen Landeskirche dieses Amt übernommen. Über die Frage, wie der Glaube in der Gesellschaft gesprächsfähig werden kann, diskutiert sie im Rahmen der Gesprächsreihe „donnerstags“ am Donnerstag, 15. Februar, um 19:30 Uhr im Gemeindehaus in Aerzen – zu dem Gespräch sind alle eingeladen.

Mehr über die Geschichte der EKD-Synode, dioe in diesem Jahr 75 Jahre alt wird und das Präsesamt: hier klicken, denn Anna-Nicole Heinrich ist in diesem Amt unter anderem Nachfolgerin von Gustav Heinemann, Jürgen Schmude, Katrin Görin-Eckardt und Irmgard Schwaetzer.

Kundgebung Bürgergarten web 02

Gemeinsam haben viele Organisation, Parteien, Institutionen und die Religionsgemeinschaften aufgerufen, am Samstag, 10. Februar, in den Bürgergarten in Hameln zu kommen und gegen die politischen Strömungen zu protestieren, die versuchen, Menschen auszuweisen oder Menschen ihrer Würde zu berauben. Das war ein klares und lautstarkes Zeichen für Demokratie und Menschenrechte. Über 5.000 Menschen sind gekommen und haben Flagge gezeigt – viele aus dem Kirchenkreis waren mit dabei: Gemeinsam laut gegen Rechtsextremismus, Faschismus und Ausgrenzung.

Beifall Zuhörende web 03 Kirche

Mit aufgerufen hat neben vielen anderen auch die Kirchengemeinde Aerzen und der Kirchenkreis Hameln-Pyrmont. Viele aus Aerzen waren dabei. Unter denen, die laut wurden, war auch der Aerzener Bürgermeister Andreas Wittrock zusammen mit allen anderen Bürgermeistern aus dem Landkreis und dem Hamelner Oberbürgermeister, Claudio Griese, und Landrat Dirk Adomat.

Rede OB Ortsbürgermeister web 03

Stephan Vasel, Superintendent des Kirchenkreises Hameln-Pyrmont, hat in seinem Beitrag vorgeschlagen, Demokratie zu leben. Hier sein Beitrag im Wortlaut: "Kein Fachkräftemangel an Demokraten".

Rede Dr. Stephan Vasel web 02

Die frühere Landesbischöfin Margot Käßmann war als Hauptrednerin eingeladen. Vor über 5.000 Menschen forderte sie als deutsche Bürgerin, als Frau, als evangelische Pfarrerin und als Großmutter von sieben Enkeln auf wachsam zu sein, damit sich die Katastrophe des Faschismus nicht wiederhole. Hier ihre "kleine Rede zur Verteidigung der wunderbaren Demokratie" im Wortlaut.

Rede Margot Käßmann web 02

Alle Bilder von Harald Langguth, Öffentlichkeitsbeauftragter im Kirchenkreis Hameln-Pyrmont, - auch dieser Eindruck der Demo - bunt vielfältig, lebendig und voller Leben... 

Kundgebungsteilnehmende web 02

 

Rede Margot Käßmann web 03

Auf der Kundgebung im Bürgergarten in Hameln, zu der 51 Institutionen, Organisationen und Vereine aufgerufen hatte, hielt die frühere Landesbischöfin - wie sie selbst sagte - eine kleine Rede zur Verteidigung der wunderbaren Demokratie

Wir stehen heute hier, weil wir auch in Hameln für unsere Demokratie eintreten. Demokratie bedeutet: Das Volk übt durch freie Wahlen die Macht im Staat aus. Jeder und jede können ihre Meinung frei äußern. Es gibt unabhängige Gerichte, unabhängige Medien und die Freiheit der Religionsausübung. Wir hängen nicht an ewiggestrigen Fantasien von „Volksdeutschen“. Wir sind zukunftsorientiert. Wir leben zusammen in Vielfalt, in dem es nicht DIE und WIR gibt, sondern UNS, die gemeinsam dieses Land gestalten, das wir lieben. Ja, wir gemeinsam, die aus verschiedener Herkunft gern hier leben, wir sind das Volk. Deutschland ist unsere Heimat. Wir lassen niemanden zwangsdeportieren. Dafür steht unsere Brandmauer. 

Meine Großmutter und mein Großvater mütterlicherseits stammen aus Hinterpommern, dem heutigen Polen, die väterlicherseits aus Westfalen. Deshalb bin ich nicht deutscher als andere in meinem Alter. Metin etwa, dessen Eltern einst aus der Türkei hierherkamen, und der längst deutscher Großvater ist. Oder Maryam, die aus dem Iran stammt, Dennis geheiratet und eine kleine Tochter hat. Wir alle sind Deutsche! Was meine Großeltern und Eltern betrifft haben sie sich nach 1945 gefragt, ob sie nicht wachsam genug waren, die üble braune Saat rechtzeitig zu stoppen. Wären sie es gewesen, hätten sie verhindert, dass der Wahnsinn der Nationalsozialisten Millionen Juden ermordet hat – auch Homosexuelle, Sinti und Roma, Kommunisten, Gewerkschafter und viele andere. Europa haben die Nazis mit einem Vernichtungsfeldzug in Schutt und Asche gelegt. Am Ende haben auch unser Land. Jetzt ist es an uns, heute wachsam zu sein und zu verhindern, dass sich das diese Katastrophe wiederholt. Deshalb stehen wir hier.

Ich stehe hier als deutsche Bürgerin:

Wir haben es nach langem Ringen geschafft, ein freies, lebendiges, vielfältiges Land zu werden in einem offenen Europa! Uns wurde die Hand gereicht von Nationen, die wir mit Krieg und Leid überzogen haben. Jeder und jede vierte von uns haben Großeltern oder Eltern, die nicht hier geboren wurden. Aber wir alle lieben dieses Land als unsere Heimat. Klar, das führt manchmal zu Auseinandersetzungen. Aber das ist in jeder Gemeinschaft, in jeder Familie so. Wichtig ist: Nicht Herkunft zählt, sondern Zukunft. Und die gestalten wir miteinander. Wir wollen nicht zurück in ein vermeintlich „rassenreines“ Nazideutschland, sondern gemeinsam mit vielen, mit Juden, Muslimen, Christen, Menschen ohne Religion dieses Land gestalten. Wir wollen eine Definition von Deutschland, die sich nicht mit unseren Großeltern und irgendwelcher Abstammung beschäftigt, sondern mit unserer Zukunft, mit unseren Kindern und Enkeln! Wir wollen zusammenleben in einem fröhlichen, bunten, vielfältigen Land und nicht in der braunen Tristesse derer, die alle ausgrenzen wollen, die nicht aussehen, wie sie. Was füreine gähnende Langeweile würde sich ausbreiten, wenn deutsche Identität nur noch die Identitären wären!

Deshalb sage ich: Es ist an der Zeit, zu zeigen: Wir sind das Volk! Wir, die in Frieden, Vielfalt und Meinungsfreiheit miteinander leben wollen!

Ich stehe hier als evangelische Pfarrerin:

Allzu oft haben wir als Christinnen und Christen versagt. Unsere Kirchen haben Kriege gesegnet, Judenhass gesät und Kindesmissbrauch vertuscht. Wir haben versagt, als die Kirchen sich in der Zeit des Nationalsozialismus nicht schützend vor Jüdinnen und Juden gestellt haben. Als sie Sinti und Roma, Kommunisten, Sozialisten und Homosexuellen keinen Schutz angeboten haben. Unsere Grundbotschaft heute ist glasklar: Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild! Wir sind eine Gemeinschaft gleichberechtigter und gleich wertvoller Menschen über nationale Grenzen hinweg. Wir wollen in Frieden leben mit Menschen anderer Religion und ohne Religion. Wir wollen beitragen zu Vielfalt und Miteinander.

Deshalb sage ich: Es ist an der Zeit, dass die Kirchen aufstehen und allen die Hand reichen - und wo nötig Schutz bieten -, die hier in diesem Land in Frieden leben wollen.

Rede Margot Käßmann web 01

Rede Dr. Stephan Vasel web 05

Superintendent Stephan Vasel bei der Kundgebung "Laut gegen rechts" am 10. Februar im Bürgergarten in Hameln:

Es gehen in diesen Tagen viele Menschen auf die Straße, die noch nie oder schon lange nicht mehr an einer Demonstration teilgenommen haben. Und wir machen als Kirchen mit. Das ist ein Lernen aus der Geschichte. Vor hundert Jahren war es anders. Die Demokratie von Weimar scheiterte auch daran, dass große Teile meiner evangelischen Kirche sich zunächst nach dem Kaiserreich zurücksehnten und dann in weiten Teilen Hitler zujubelten. Heute sind wir stolz auf Menschen wie Dietrich Bonhoeffer. Doch zur Wahrheit gehört leider auch: Die meisten dachten damals anders. Das heute so vertraute Einstehen für Freiheit, Toleranz und Menschenrechte musste mühsam errungen werden. 

Bonhoeffer diskutierte viel, was man gegen eine Diktatur tun kann. Ein Freund hatte die Idee, man könne doch den Deutschen Christen beitreten und Überzeugungsarbeit von innen leisten. Darauf sagte Bonhoeffer: „Wenn man in einen falschen Zug einsteigt, nützt es nichts, wenn man im Gang entgegen der Fahrtrichtung läuft." Ich glaube: Dies ist genau unsere Situation heute. Viele Menschen sind in einen falschen Zug gestiegen. Wir brauchen Ausstiegs- und Umstiegshilfen. So eine Art Bahnhofsmission für ehemalige Demokratinnen und Demokraten. 1945 war sehr offen, ob es mit der Demokratie in unserem Land klappen kann.

Heute ist das anders. Wir leben in einer geglückten Demokratie, die erheblichen Angriffen ausgesetzt ist. Das Beste, was wir tun können, ist: Demokratisch zu leben! Treten Sie in Parteien ein. Gestalten Sie das öffentliche Leben mit in Vereinen, bei der Feuerwehr, in Schulelternräten oder im Kirchenvorstand. Gehen Sie wählen. Und widersprechen Sie, wenn sich jemand völkisch, antisemitisch oder menschenfeindlich äußert.

Mit unserer Demonstration zeigen wir heute: Es gibt keinen Fachkräftemangel an Demokratinnen und Demokraten in unserem Land. Denn wir sind hier. Wir sind viele. Entschieden wenden wir uns gegen all die Aushöhlungen von Anstand, Würde und Freiheit!