In der Broschüre "Osterfunken. Lebenszeichen für die Osterzeit...", die in alle Haushalte verteilt wurde, hat Pastor Simon Pabst einen kleinen Plan vorgelegt, welche Texte aus der Bibel in der Karwoche gelesen werden könnten.... Pastor Christof Vetter lädt mit kurzen Texten ein, über das Gelesene nachzudenken.
Da ergriff der Satan Besitz von Judas, der auch Iskariot genannt wurde. Er war einer aus dem Kreis der Zwölf. Judas ging zu den führenden Priestern und den Hauptleuten der Tempelwache. Er besprach mit ihnen, wie er ihnen Jesus ausliefern konnte. Sie waren hocherfreut und vereinbarten, ihm Geld dafür zu geben. Judas war einverstanden. Von da an suchte er nach einer günstigen Gelegenheit, ihnen Jesus auszuliefern. Das Volk sollte nichts davon bemerken.
Judas Iskariot ist vielleicht eine der schillerndsten Gestalten der Passionsgeschichte. So wie Lukas die Geschichte erzählt, habe der Satan von ihm Besitz ergriffen. In unsere Geschichte und in unsere Sprache ist er als der typische Verräter eingegangen und Wortkombinationen wie der Judaslohn und der Judaskuss sind sprichwörtlich geworden. Andererseits gibt es immer wieder Versuche, Judas zu verstehen und ein anderes Bild von ihm zu zeichnen. In dem 1975 erschienenen Buch "Der Fall Judas" von Walter Jens fordert er als verzweifelter Apostel seine Rehabilitation: Er sei nicht ein Verräter, sondern ein fester Posten in Gottes Rechnung mit der Menschheit.
Was wirklich geschehen ist, können wir aus den knappen Zeugnissen in den Evangelien nicht wissen. Judas hat mit den den führenden Priestern am Tempel und der Tempelwache vereinbart, dass er verraten würde, wo sie Jesus festnehmen könnten. Ob das wirklich viel Sinn ergibt, darf bezweifelt werden, denn Jesus hat sich im öffentlichen Raum bewegt – wichtig scheint allerdings gewesen zu sein, dass die Festnahme ohne großen Volksauflauf geschieht. 30 Silberlinge seien ihm dafür versprochen worden. Als Jesus mit den anderen Jüngern im Garten Getsamni war um zu beten, ist er mit der Tempelwache, die bis an die Zähne bewaffnet war, gekommen und hat Jesus mit einem Kuss verraten. Auch das gibt auf den ersten Blick wenig Sinn, denn Jesus war öffentlich bekannt, die Mitglieder der Tempelwache haben sicher gewusst, welcher der Männer Jesus ist. Als er mitbekommen hat, dass dies alles zum Foltertod Jesu führen wird, habe er die 30 Silberlinge in den Tempel geworfen und sich erhängt, so berichten einige Evangelien.
Wie wäre es, wenn der Blick auf Judas ohne die schnell gefällten Vorurteile auf den Jünger fallen würde. Nirgends im griechischen Text steht, dass Judas seinen Freund Jesus verraten habe, sondern das griechische Wort bedeutet zuerst einmal „übergeben“ – viel wertfreier als unsere Sprache. Es ist vorstellbar, dass Judas ungeduldig wurde. Das Reich Gottes, in dem Frieden und Gerechtigkeit herrscht, sollte doch ganz realistisch anbrechen. Das heißt für einen Juden seiner Zeit zuerst und vor allem, dass die verhassten Römer das Land verlassen und die Besatzung in ein Ende hat. Das konnte sich Judas nicht ohne militärisch-gewaltsamen Konflikt vorstellen, zu dem Gott dann die himmlischen Heere schicken würde. Wenn der Gedanke zugelassen wird, gibt es Sinn, was Judas geplant hat: Wird Jesus verhaftet und ihm der Prozess gemacht, wird es zu dem Kampf kommen, aus dem das Volk Gottes befreit hervorgehen wird. So gewinnt auch der Judaskuss eine andere Bedeutung: Judas signalisiert Jesus, dass er dies aus Liebe, aus glühender Verbundenheit in die Wege geleitet hat.
So erscheint Judas in anderem Licht: Ja, er hat den Freund, der unser Bruder sein. Will, den Häschern übergeben. Ja er hat sich geirrt und ist einer falschen Vorstellung. Gefolgt. Ja, er hat etwas getan, wovor sein Ende uns warnt. Ja, er hat versucht, daraus auch noch Profit zu schlagen – ja, er bleibt unser Bruder bis in seinen Tod.
Hinweis: Wer die Sonderausgabe des Gemeindebriefs nicht bekommen hat, kann entweder das Bild anklicken und ihn sich selbst downloaden oder an das Pfarrbüro eine Email schreiben, dann wird er noch einmal zugeschickt.
Der erste Beitrag der Serie: "Jesus weint"
Der zweite Beitrag der Serie: "Das Dilemma"
Der dritte Beotrag der Serie: "Die Sackgasse"
Der vierte Beitrag der Serie: "Die Talkshow"
Der fünfte Beitrag der Serie: "Die Kollekte"
Der sechste Beitrag der Serie: "Schreckliche Dinge - gewaltige Zeichen"