Am zweiten Advent bei der Adventsandacht in Multhöpen erzählte Diakonin Selma Conzendorf, wie zwei Frauen von ihrer Schwangerschaft erfahren haben, wie unterschiedlich ihre Schwangerschaft zu verstehen sich - und wie sie sich begegnen. Die beiden Frauen waren Cousinen: Elisabeth, sich sehr betagt und bisher kinderlos, mit ihrem Mann Zacharias und Maria, noch sehr, sehr jung und auch noch nicht mit einem Mann zusammen:
BEI GOTT IST NICHTS UNMÖGLICH
Elisabeth hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Sie wusste, dass es so bleiben würde, mit den mitleidigen Blicken und dem Getuschel. Sie kannte die Fragen. Die Fragen nach dem Nachwuchs, nach eigenen Kindern.
Natürlich wollten sie Kinder, aber es hatte nicht geklappt.
Maria hingegen standen die mitleidigen Blicke und das Getuschel noch bevor. Die Fragen wie „Musste das sein? Hättet ihr nicht aufpassen können?“.
Noch sieht es keiner, aber bald werden es alle sehen können. Dann kann sie es nicht länger verstecken. Maria eine junge Frau und schon schwanger. Sie ist doch selbst fast noch ein Kind.
Als der Engel Gabriel zu Maria kommt, um ihr anzukündigen, dass sie ein Kind erwarten wird, erzählt er ihr auch von Elisabeth. Elisabeth ist ihre Cousine, deren Schicksal immer mal wieder Gesprächsthema in der Familie ist. Eine kinderlose Ehe – damals ein schweres Los.
Als Maria vom Engel hört, dass Elisabeth im sechsten Monat schwanger sei, macht sie sich auf den Weg, um es mit eigenen Augen zu sehen.
Und auch, um nicht immer an das zu denken, was der Engel auch noch gesagt hat. Undan das sie selbst lieber noch nicht so viel denken möchte. Dass auch sie, Maria, ein Kind bekommen wird, Gott weiß, wie.
Elisabeth und Maria begegnen sich. Zwei Frauen, die das Allerschlimmste kennen. Eine kinderlose Frau zu sein, das war damals das Allerschlimmste, was einem passieren konnte.
Und das andere Allerschlimmste, was einem damals passieren konnte, war ein uneheliches Kind zu bekommen.
Die eine hatte es schon hinter sich, eine Vergangenheit, ein ganzes Leben voller Enttäuschung und Leere. Die andere hat es erst noch vor sich, eine Zukunft voller Ungewissheit und Fragen.
Aber als sie zusammenkommen, da ist es, als sei all diese Ungewissheit und Enttäuschung wie weggeblasen. Diese beiden Frauen: die alte und die junge. Elisabeth und Maria.
Wie würden die beiden heute aussehen?
Elisabeth trägt einen beigen Mantel. Sie hat eine Dauerwelle und eine kleine Wohnung, weil für mehr ihre Rente nicht reicht. Elisabeth und ihr Mann sitzen am Abendbrottisch, dermit Margarine und Streichwurst gedeckt ist. Es gibt dünnen Tee und wenig Worte. Der Tag ist immer gleich und die Woche ist auch immer gleich. Selten kommt Besuch, denn die Kinder sind weit weg und haben ihr eigenes Leben und müssen auch sehen, wie sie über die Runden kommen. Ein bisschen Gegenwart und viel Vergangenheit.
Und Maria, die schiebt ihren Kinderwagen durch die Fußgängerzonen. Sie trägt ein enges T-Shirt in grellen Farben. Sie schiebt den Kinderwagen mit einer Art trotzigem Stolz. Sie istja selbst fast noch ein Kind.
Elisabeth und Maria – zwei Frauen ohne Ansehen, ABER Gott sieht diese Elisabeth und diese Maria an. Er schenkt ihnen Ansehen.
Diese beiden Frauen stehen auch für die Elisabeths und die Marias unserer Zeit. Denn die kennen noch ein anderes Allerschlimmstes: Gar nicht mehr gesehen undwahrgenommen zu werden.
Die alten Frauen und ihre Männer, die zurechtkommen müssen mit dem, was am Ende ihres Lebens herauskommt an Rente und mit dem, was für das Leben dann noch übrigbleibt.
Die Teenagermütter aus schwierigen Verhältnissen.
Und all die anderen Menschen ohne Ansehen und ohne die Möglichkeit ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.
Menschen, die keine Zukunft sehen und keine Perspektive, die zu alt sind oder zu jung, die arm und ohne Einfluss sind.
Gott gibt denen eine Stimme, die sonst keiner mehr hört.
Denn bei Gott ist nichts unmöglich.
Elisabeth und Maria – diese beiden, die schon die Hoffnung aufgegeben hatten – durch sie kommt diese Geschichte Gottes mit den Menschen auch zu uns. Durch Jesus, geboren von einem jüdischen Mädchen.
So entfaltet sich die Verheißung Gottes für alle Menschen.
Wie bei allen Adventsandsachten haben auch in Multhöpen wieder Konfirmandinnen und Konfirmanden mitgewirkt, mitgebetet und mitgesungen.
Die kommenden Adventsandachten sind am Samstag vor dem 3. Advent um 16 Uhr in Grießem vor den Resten der abgerissenen Kapelle im Oberen Anger, und am Sanstag vor dem 4. Advent um 16 Uhr in Reinerbeck. Bei der ersten Adventsandacht wurde bedacht, dass Jesus auf einem Esel reitet.